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Coastal Forces in Paper

Main-Kettenschlepper K.B.K.S. No. V


Technische Daten:

Bauwerft Schiffswerft Uebigau bei Dresden
Stapellauf 17.09.1900
Eigner Kgl. bayerische Kettenschleppschiffahrts-Gesellschaft K.B.K.S.
Länge über Deck 50,00 m
Länge Wasserlinie 46,00 m
Größte Breite 7,40 m
Breite auf Spanten 6,40 m
Höhe an der Seite 2,22 m
Tiefgang: 0,56 m
Verdrängung: 147 m³

Das Modell stellt den Bauzustand ca. 1900 dar.


Baubericht des Modells



Geschichte

Zur Vorgeschichte ein Auszug aus dem Beitrag von Eduard Weiß erschienen 1901 in der Zeitschrift des Vereins Deutscher Ingenieure:

„Die zunehmende Wichtigkeit der Binnenschiffahrt in Deutschland lässt es erklärlich erscheinen, dass diesem Zweige des Transportwesens erhöhte Aufmerksamkeit zugewendet wird, und dass die Regierungen auf die Verbesserung der Schiffahrtverhältnisse erhebliche Summen verwenden. So wurden bereits im Jahre 1894 vom bayerischen Landtage für die Verbesserung des Fahrwassers auf der 109,2 km langen Main-Strecke von Kitzingen bis Aschaffenburg 4 000000 M und für die Einrichtung der Kettenschleppschiffahrt auf dieser Strecke 2 777 000 M bewilligt. Diese Arbeiten sind nahezu zum Abschlusse gelangt, und es verkehren bereits 5 staatliche Kettendampfer auf dem Main. Bevor man sich über die Bauart der zu verwendenden Kettenschleppschiffe schlüssig machte, wurde von der bayerischen Staatsregierung eine Abordnung zum Studium der Kettenschleppschiffahrt abgesandt, um die hauptsächlichsten Schiffsarten, und zwar solche mit:

1) Trommelwindwerk auf dem Main und der Elbe,
2) Greifradvorrichtung auf der Elbe und
3) elektromagnetischer Trommel auf der unteren Seine bei Paris,

im Betriebe zu beobachten. Nach dem Gutachten des Ausschusses entschied man sich für die Greifradschiffe mit Turbinenpropeller 1, wie sie von der deutschen Elbschiffahrts-Gesellschaft »Kette« gebaut sind und auf der Elbe in Verwendung stehen, Maßgebend war, dass die Kette durch die zwangläufige Greifvorrichtung weniger abgenutzt wird,
und dass das Auflaufen der Kette unter Drall, ja selbst in Knoten, ohne Nachteil; für diese und das Windwerk ist. Sodann ermöglichen die in den Schiffskörper eingebauten Rückstrahlturbinen bei der Thalfahrt eine sichere und schnelle Eigenbewegung des Schiffes bei abgeworfener Kette in der verhältnismäßig geringen mittleren Wassertiefe von 68 bis 70 cm, bei der weder Schrauben noch Schaufelräder angewendet werden können. Schließlich kann mit den Turbinen die Steuerung des an der Kette gehenden Schiffes in der Bergfahrt kräftig unterstützt werden, was bei den vielen und scharfen Windungen des Mains besonders zu berücksichtigen war.“



Leider habe ich keine weiteren Unterlagen über die Geschichte des Main-Kettenschlepper K.B.K.S. No. V gefunden, so habe ich die Daten der Kettentauerei auf dem Main in einer Tabelle zusammengeführt und mit einigen weiteren Daten zur Geschichte der Tauerei erweitert. Ketten- und Seiltauerei bot in der Zeit vor der Regulierung der Flüsse unbestreitbare Vorteile gegenüber Rad- oder Schraubendampfer in flachem und stark strömenden Gewässern. Rad- oder
Schraubenschlepper verursachen zudem durch ihren Wellenschlag am Ufer und der Sogwirkung in der Flusssohle starke Zerstörungen. Außerdem können sie in flachem Wasser nicht mehr eingesetzt werden.

Lars U. Scholl schreibt in seinem Buch „Als die Hexen Schiffe schleppten“ auf Seite 13 folgendes:
„Die Lokomotive erziele durch ihre Wirkung auf feste Stützpunkte einen möglichst großen Nutzeffekt, während dem Dampfschiff durch das Zurückweichen des Wassers hinter den Radschaufeln oder der Schraube besonders in Strömen der größte Teil der verwendeten Kraft verloren gehe. Im Rhein betrage z.B. bei mittlerer Stromgeschwindigkeit (1,5 m pro Sekunde) der Nutzeffekt der gewöhnlichen Remorqueure [= Schlepper] circa 26 % der verwendeten Kraft. 74 % würden nicht nur sinnlos verbraucht, sondern träten durch den erzeugten Wellenschlag und durch die Beschleunigung des Stromes den anhängenden Schiffen hindernd in den Weg. In der starken Strömung bei Bingen (3 m pro Sekunde) reduziere sich nachweislich der Nutzeffekt faktisch auf rund 10 %.“

Diese Nachteile können durch einen Tauer, der sich an einem Seil oder einer Kette entlanghaspelt, vermieden werden. Da der Wirkungsgrad deutlich besser war und der Kohleverbrauch um 2/3 geringer als bei einem Raddampfer gleicher Leistung war, konnten die Frachtkosten ebenfalls gesenkt werden. Der Tiefgang eines Tauers betrug zwischen 0,4 bis max. 0,6 m, ein Raddampfer brauchte 0,7 bis 0,75 m und ein Schraubendampfer noch mehr. Der Neckar hatte zu dieser Zeit eine min. Wassertiefe von 0,57 m. Die Seiltauer brauchten größere Trommel wegen der höheren Steifigkeit des Stahlseils als Kettenschlepper. Zusätzlich war beim Seiltauer die asymetrische Anbringung der Trommeln an der Bordwand von Nachteil. Daher schlug Georg Schwarz in seiner Untersuchung der bayerischen Regierung die Einführung der Kettenschleppfahrt auf dem Main vor.

Eine Kette kostete damals bei einem Querschnitt von 26 mm pro 100 kg zwischen 26 und 32 Mark, d.h. pro Kilometer mußte man mit etwa 5100 Mark rechnen. Die Kette von Aschaffenburg bis Kitzingen kostete bei einer Lebensdauer von 10 – 15 Jahren über 1 Million Mark. Damit der Kettenschlepper die Kette abwerfen konnte, war etwa alle 400 m ein Kettenschloß in die Kette eingefügt.

Gottfried Zöpfl beschreibt in seiner Denkschrift „Die Volkswirtschaftliche Bedeutung der Mainkettenschleppschiffahrt von Aschaffenburg bis Bamberg“:
„Die Kettenschleppschiffahrt soll als ein staatliches Unternehmen eingerichtet werden, welches unbeeinflußt durch den Gesichtspunkt ledigliche rechnerischen Gewinnes dem Betrieb nach wesentlich höher gedachten Grundsätzen durchzuführen vermag. Förderung der Geschäftstätigkeit der kleinen Mainschiffer, d.h. Also Förderung der Interessen einer nicht nur geschäftlichen, sondern sozialen Gruppe, Wahrung der Interessen der blühenden, in verschiedenster Hinsicht wichtigen Flösserei.“

Die Einführung der Tauerei auf den deutschen Flüssen war von vielen Kontroversen begleitet. Es waren viele Widerstände zu überwinden, bis die Tauerei auf Elbe, Saale, Rhein, Main, Neckar und Donau eingeführt war. Die Blütezeit war wohl von etwa 1880 bis 1910. Das Ende war fast überall in den 1930iger Jahren erreicht. Die Konkurrenz durch Bahn und moderne Schlepper, die jetzt auf den ausgebauten Flüssen fahren konnten, haben diese interessante Entwicklung in der Binnenschiffahrt obsolet gemacht.